
Der Tote in der Baugrube. Möglicherweise sind bei früheren Bauarbeiten Kopf und Rumpf des Skeletts entfernt worden. Dass man damals nicht besonders umsichtig vorgegangen ist, belegen auch Beckenknochen eines zweiten Skeletts, die offenbar umgelagert wurden (links neben der weißen Linie in der Verlängerung des Zollstocks). Die Funde werden jetzt genau dokumentiert und untersucht. // Foto: Ulrich Simons |
20. Februar 2025
Reste eines Klosters: Liegen unter dem Theaterplatz noch weitere Gräber?
Der Mann in der Baugrube ist tot. Und das vermutlich schon ziemlich lange. Dass es sich um einen Mann handelt, ist ein Stückweit Spekulation, denn vom Becken ist nicht mehr viel übrig, und die obere Hälfte des Skeletts fehlt völlig. Was dafür spricht, dass es ein Mann war: Dort, wo er liegt, stand einmal ein Kapuzinerkloster.
Das Kloster, das dem Graben seinen Namen gab
Seit 200 Jahren dominiert das Theater Aachen majestätisch seinen heutigen Platz. Bevor der klassizistische Bau errichtet wurde, standen an seiner Stelle alte Klosteranlagen. Archäologen haben nun Reste dieser mittelalterlichen Anlagen freigelegt.
Im Zuge der Umgestaltung des Theaterplatzes hatten vor kurzem die Kanal- und Leitungsarbeiten durch die Regionetz begonnen. Dabei waren die Funde zutage getreten. Die Bauarbeiten werden vor Ort engmaschig durch die archäologische Fachfirma SK ArcheoConsult begleitet.
„Für die Bereiche entlang des Kapuzinergrabens sind zwei mittelalterliche Klosteranlagen überliefert, die in der Zeit um 1300 gegründet wurden“, berichtete Stadtarchäologe Andreas Schaub im Rahmen eines Pressetermins am Mittwoch (19. Februar).
Gemeinsam mit Patrick Düntzer von ArcheoConsult, Regionetz-Bauleiter Ralf Jansen und dem städtischen Theaterplatz-Projektleiter Philip Spahr stellte er die ersten Erkenntnisse zu den archäologischen Funden und das weitere Vorgehen vor.
Kloster spielte wichtige Rolle beim Stadtbrand 1656
Unter dem südlichen Häuserblock Theaterplatz / Kapuzinergraben lag das 1899 abgebrochene Christenserinnenkloster und auf dem nördlich anschließenden Theatervorplatz Richtung Elisenbrunnen das ursprüngliche Webbegardenkloster, welches ab 1615 zum Kapuzinerkloster wurde. (Anm. für die Generation Z: Die hatten natürlich noch kein Internet und keine Homepage. Der Wortbestandteil "Web-" mit langem "e" bezieht sich darauf, dass in dem Kloster Leinen-Kleidungsstücke gewebt wurden.)
Zum Kapuzinerkloster gehörte ein großer Klostergarten, der sich unter dem heutigen Theater bis zum alten Regierungsgebäude erstreckte. Bis zu sieben Wirtschafts- und Nebengebäude sind bekannt.

An der "Elisenbrunnen-Ecke" des Theaterplatzes, dort, wo die RegioNetz neue Rohre verlegt, stand im Mittelalter ein Kapuzinerkloster. Überreste wurden jetzt gefunden. // Foto: Ulrich Simons |
Auf einer Insel im Klosterweiher befand sich die 1825 abgebrochene Rochuskapelle. Anstelle des 1817 fast vollständig abgebrochenen Klosterareals entstand zwischen 1823 und 1825 das heutige Stadttheater.
„Das Kapuzinerkloster ist nicht nur namengebend für den heutigen Kapuzinergraben. Es war auch kurzzeitig ein wichtiger Ort im Zusammenhang mit dem Stadtbrand von 1656. Von diesem blieb nämlich das frei stehende Kloster verschont. Der Münsterschatz mit den bedeutenden Reliquien fand dort Schutz vor den Flammen. Da auch das Rathaus durch den Brand in Mitleidenschaft gezogen war, wurden für einige Zeit die Sitzungen des städtischen Magistrats im Kapuzinerkloster abgehalten“, erläuterte Schaub.
Mittelalterliche Bruchsteinmauern und Plattenböden der Klosterbauten
Patrick Dünzter beschrieb vor Ort, was er und sein Team in den vergangenen Tagen entdeckt haben. So legten sie beeindruckende Reste mittelalterlicher Bruchsteinmauern und Plattenböden der Klosterbauten in dem Graben frei, in dem in Zukunft der neue Kanal eingebaut werden soll.
Reste von Gräbern deuten auf Bestattungen im Klosterareal hin. Das deckt sich mit einer Urkunde von 1315, in der bereits die Anlage eines Friedhofs gestattet wurde.
In Kooperation mit der Regionetz und dem LVR-Amt für Bodendenkmalpflege wirkt die Aachener Stadtarchäologie nun darauf hin, möglichst viel der gut erhaltenen Bausubstanz zu sichern und nur in Ausnahmefällen Teile davon unter archäologischer Begleitung zu beseitigen.
In jedem Fall wird der Fund umfassend begutachtet und dokumentiert. So erhofft man sich aus den Untersuchtungen der Knochen Aufschlüsse über die Todesursache. Währenddessen laufen die Bauarbeiten im Umfeld der Funde weiter.
Quelle: Der Text stammt zu 90% von Stefan Herrmann, Presseamt Stadt Aachen.

Auch die jüngere Neuzeit kommt knapp unter der Oberfläche wieder zum Vorschein: Reste einer Straßenbahnschiene. // Foto: Ulrich Simons |
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