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Vom Glanz vergangener Tage ist nichts mehr übrig: Die "Ronheider Stuben" sind seit dem Abschied von Hans Pritz Anfang des Jahres verwaist, und viele frühere Gäste trauern heute Aachens ehemals schönstem Biergarten nach. Eine Neuauflage scheint so gut wie ausgeschlossen. // Foto: Ulrich Simons |
19. Oktober 2019
Ende einer Legende:
Kein neuer Biergarten auf Ronheide
Der Blick durch die trüb gewordenen Butzenscheiben ins Halbdunkel macht traurig. Wo früher die Bar stand, ist der Fußbodenbelag herausgerissen, die Stühle und die immer fein eingedeckten Tische sind verschwunden.
Auch auf der großen Terrasse herrscht gähnende Leere: Die fröhlichen Gespräche sind verstummt, von den großen, gelben Sonnenschirmen künden nur noch Dübellöcher im Boden. Tische und Stühle sind weggeräumt, und in den früher üppig bepflanzten Blumenkästen sprießt das Unkraut.
"Ob Tiroler Leberknödelsuppe, Pinzgauer Käsespätzle, Tafelspitz, Wiener Backhendl’n, Topfenknödel oder Kaiserschmarr’n – authentischer Geschmack ist garantiert", heißt es immer noch auf der Internet-Seite des Hauses. Für Freunde der österreichisch-böhmischen Küche waren die "Ronheider Stuben" und ihr traumhafter Biergarten über Jahre hinweg die erste Adresse.
Heute ist all das nur noch eine schöne Erinnerung.
Und da wird wohl auch nichts mehr kommen.
Gastronom Hans Pritz, der je nach Gast und Tagesform einen erstaunlich vielfältigen Umgangston beherrschte, hat sich Silvester 2018 nach 35 Jahren in Aachen (davon 17 Jahre am Ronheider Berg) in seine österreichische Wahlheimat Maria Alm am Steinernen Meer verabschiedet, um es sich dort als Rentner gemütlich zu machen.
Die Aachener Nachrichten berichteten am 5. Dezember 2018 ausführlich über seinen anstehenden Abschied. Mit Gastronomie wollte der gebürtige Salzburger an seinem neuen Wohnsitz nichts mehr anfangen.
Dem Italiener wuchs die Sache Über den Kopf
Das wollen auch Franz und Ute Hilbert nicht mehr. Die Besitzer des ehemaligen Restaurants am Ronheider Berg 221 haben sich von dem Gedanken verabschiedet, ihre Immobilie noch einmal an einen Gastronomiebetrieb zu verpachten.
Mit einem Italiener habe man im Frühjahr kurz vor dem Abschluss gestanden, berichtet Ute Hilbert. Am Ende sei diesem die Sache aber wohl über den Kopf gewachsen. |
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Titelheld: Anlässlich "30 Jahre Alpenkulinarik" in Aachen schaffte es Hans Pritz im Januar 2014 sogar auf das Cover des "Topfguckers" im Stadtmagazin "Bad Aachen". |
"Der Betrieb von Hans Pritz lief absolut prima. Sein Nachfolger hätte sich hier eine goldene Nase verdienen können", ist sie sicher. Parkplätze und eine Bushaltestelle vor der Tür, der Wald in unmittelbarer Nähe - ideal.
Andererseits sei sie nicht unglücklich, dass der Vertrag dann doch nicht zustandegekommen ist. Die je nach Windrichtung intensive Geruchsbelästigung aus der Küche sei manchmal in ihrer Wohnung sehr unangenehm gewesen. Der Lärm dagegen habe sich bis auf ein, zwei Sommerfeste im Jahr in erträglichen Grenzen gehalten. "Das waren ja überwiegend ältere Leute, da war meistens früh Schluss", erinnert sich Ute Hilbert.
Das war nicht immer so. Als das Lokal noch unter dem Namen "Tenne" in Aachener Nachtschwärmer-Kreisen bekannt und beliebt war, ging der Betrieb oft erst nach Mitternacht richtig los, wenn die Lokale in der Stadt schlossen.
Zwischen Bedauern und Erleichterung
So wächst die Trauer offenbar mit der Entfernung. Den unmittelbaren Anliegern sei der gegenwärtige Zustand gar nicht so unlieb, sagt Ute Hilbert. Viele Gäste bedauerten allerdings den Fortgang des knorrigen Gastronomen und das Ende seines schönen Biergartens. Ihre eigene Gemütsverfassung beschreibt sie irgendwo schwankend zwischen "An und für sich ist es schade." und "Im Grunde sind wir froh.".
Jetzt stehen die ehemaligen "Ronheider Stuben" zum Verkauf, ein Düsseldorfer Makler ist eingeschaltet. Wenn Ute Hilbert sich eine Nachfolgenutzung wünschen könnte: Eine schöne private Wohnung oder ein Büro, vielleicht von einem Steuerberater.
Für Vergleichbares muss man weit fahren
Die "Ronheider Stuben" und ihre feine österreichische Küche - das war einmal. Im Internet-Portal "Yelp" findet man den Hinweis: "Yelper haben den Standort als geschlossen gemeldet."
Da ist nichts mehr, und da kommt auch nichts mehr: Blick durchs Fenster in die komplett leergeräumte ehemalige Gaststube. // Foto: Ulrich Simons |
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Klickt man auf den Button "Etwas ähnliches finden", landet man in Ratingen, Düsseldorf, Willich, Neuss oder Erftstadt. In und um Aachen gibt es weit und breit nichts Vergleichbares. Am 24. Juni 2015 schrieb "BILD online" in einem Biergarten-Führer NRW über die "Ronheider Stuben": Ein herzliches „Grüß Gott“, ein g’scheites Essen zum vernünftigen Preis und ein gemütlich-eleganter Rahmen – das ist die gelebte Philosophie des österreichisch geführten Hauses. Das macht sich auch im Biergarten bemerkbar. Er ist üppig bepflanzt, bietet schöne Plätze unter gelben Sonnenschirmen. Das Personal serviert Salatteller, Biergartentapas, Backhendl und andere Schmankerln. |
Nach dem "Grevenstein" an der Ecke Brockenfeld/Maria-Theresia-Allee (das Ende kam 2016, heute steht dort ein Mehrfamilienhaus) hat mit den "Ronheider Stuben" schon der zweite Biergarten in Aachens Südwesten innerhalb von nur zwei Jahren dichtgemacht.
Für Aachens Gerne-Gut-Draußen-Esser wird es langsam eng ...
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