Das wäre mein Vorschlag für den Büchel gewesen: Christo anrufen und die Ruine einpacken lassen. Die Aktion würde die Geschichte des Parkhauses schlagartig beenden, andererseits hätte sie im Frühjahr Tausende von Touristen nach Aachen gelockt. Die hätte man dann vom Bendplatz aus mit den Weihnachtsmarkt-Shuttlebussen in die Innenstadt karren können. Jetzt gibt's nach dem Abriss wahrscheinlich auf Jahre hinaus nur eine hässliche, ungenutzte Brachfläche in bester Innenstadt-Lage. Chance verpasst. // Foto: Ulrich Simons, Montage: Ralf Walraff |
02. November 2019
Parkhaus Büchel:
Es hätte so einfach sein können ...
Aus und vorbei, beschlossen und der staunenden Öffentlichkeit verkündet: Am 31. März nächsten Jahres wird das Parkhaus am Büchel geschlossen. 356 Parkplätze in bester Innenstadt-Lage fallen dann ersatzlos weg. So fördert die Stadt den Onlinehandel.
Es waren mal 456 Parkplätze. Aber weil der Rost sich seit Jahren durch die Armierungen frisst, hat die Betreibergesellschaft APAG aus statischen Gründen die Anzahl der Plätze vorsichtshalber reduziert. Schließlich möchte man das Parkhaus irgendwann kontrolliert abreißen und das nicht einem niederländischen Besucher der Stadt überlassen, der versehentlich auf der falschen Etage parkt.
Umstrittene Entscheidung
Die Entscheidung für die Schließung kam nach jahrelanger Vorlaufzeit am Ende doch etwas plötzlich und war im Grunde wohl eher eine Panikattacke der schwarz-roten Koalition im Rathaus.
Man braucht nicht viel Phantasie um zu vermuten, dass dahinter die nackte Angst steckte, den Grünen in Aachen bei der Kommunalwahl am 13. September 2020 noch mehr Terrain überlassen zu müssen als ohnehin schon zu befürchten ist. Gegen die Schließung gestimmt hatte nur die FDP.
Selbst Aachens neue Baudezernentin Frauke Burgdorff hatte laut Zeitungsberichten vor der entscheidenden Sitzung des Planungsausschusses am 10. Oktober gewarnt, ein vorzeitiger Abriss des Parkhauses ohne weiteren Plan für die Folgenutzung sei die falsche Vorgehensweise. Aber wo ein Politikerwille ist, muss der Sachverstand mitunter zurückstehen.
Solche Resultate bekommt man, wenn man die Entscheidung einem Gremium überlässt, in dessen Name gleichsam als Warnung schon das Wort "Ausschuss" enthalten ist.
Taktische Spielchen, die die Parteien am Rand stark machen
Aufgeschreckt unter anderem durch den Greta-Hype (nicht, dass ich sie vermisse, aber wo steckt die eigentlich?), versuchen auch in Aachen die CDU und vor allem die SPD zum wiederholten Male, die Umweltverbesserer rechts zu überholen und setzen dabei leichtfertig ihren Markenkern aufs Spiel.
Ich wage mal eine Prognose: Neuwähler werden CDU und SPD mit diesen riskanten Manövern nicht gewinnen, im Gegenteil.
Die irritierte bis enttäuschte Stammklientel dürfte sich in größeren Stückzahlen abwenden und schlimmstenfalls bei der AfD oder der Linken landen, und dann geht das große Jammern und Wehklagen los.
Die taktischen Spielchen sind genauso nutz- und hilflos wie weite Teile der aktuellen Aachener Verkehrspolitik, die in ihren Wurzeln zurückreicht bis in die 1970er Jahre, als die SPD die Idee von der "Schleifenlösung" aus dem Hut zauberte, und die in der Sperrung des Elisenbrunnens 1998 gipfelte.
Eine Durchquerung der Stadt mit dem Auto war danach nicht mehr möglich, Autofahrer sollten auf schnellstem Wege wieder aus der Stadt heraus zurück auf die Ringe geführt werden.
Heute stehen dort Messcontainer, und der Aufschrei: "Um Gottes Willen, da fahren ja Autos!" ist allgegenwärtig. Was für eine Überraschung!
Aachen/Maastricht: Parkhäuser im Vergleich
Gut, der Katschof als Parkplatz war wirklich ein Unding. Den möchte ich auch nicht mehr wiederhaben. |
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Parkplatz zwischen Dom und Rathaus: Der Katschhof im Jahr 1973. Sowas will natürlich heute auch kein Mensch mehr haben. // Foto: Archiv Ulrich Simons |
Aber vergleichen Sie einfach mal auf den beiden folgenden Screenshots aus Google Maps (Suchbegriffe: "Parkhaus Aachen" und "Parkhaus Maastricht") die räumliche Verteilung und die Lage bzw. Erreichbarkeit der Parkhäuser in Aachen und in dem bei Aachenern so beliebten Maastricht.
Parken in Aachen: Auswärtige Besucher aus dem Norden (Roermonder Straße), dem Westen (Vaalser Straße) oder dem Süden (Eupener Straße) haben auf dem Weg zum Parkhaus gar keine andere Möglichkeit als erst einmal den Allenring und die Straßen der Innenstadt zu verstopfen. Das Parkdeck im Aquis Plaza am Kaiserplatz hat Google noch nicht mitbekommen. Aber das gibt es ja auch erst seit vier Jahren. // Screenshot: Ulrich Simons
Parken in Maastricht: In unserer niederländischen Nachbarstadt gelangen Sie dagegen auf direktem Wege und auf gut ausgebauten Straßen zu einem der großen Parkhäuser, egal, aus welcher Himmelsrichtung Sie kommen. Die meisten liegen an der Peripherie oder am Maasufer, nur wenige im alten Stadtkern. // Screenshot: Ulrich Simons |
Der Maßstab der beiden Karten ist übrigens gleich. Das heißt: Für Maastricht-Besucher ist es offenbar im Gegensatz zu Aachen kein Problem, zu Fuß vom Parkhaus in die Innenstadt zu spazieren.
Der Weg vom bei Aachenern gerne angefahrenen Parkplätzchen unter der Maasbrücke (am unteren Rand der Karte beim "Bonne.." vom Bonnefantenmuseum) zum zentralen Vrijthof ist fast genauso weit wie in Aachen der Weg vom Parkhaus Lagerhausstraße am Hauptbahnhof zum Dom.
Dass man den Weg in Maastricht als kürzer und angenehmer empfindet, könnte an der Qualität der weitgehend autofreien Sträßchen, vor allem aber an der Attraktivität der Geschäfte liegen.
Im Norden und Westen fehlen vernünftige Parkhäuser
Was Aachen dringend bräuchte, sind zwei vernünftige und ausreichend dimensionierte Parkhäuser an der nördlichen und westlichen Peripherie mit gescheiter ÖPNV-Anbindung an die Innenstadt.
Geradezu ein Geheimtipp ist in diesem Zusammenhang der kostenlose Schotter-Parkplatz an der Hermann-Löns-Alle auf der Nordseite des Hangeweihers. Vor dem Haupteingang zum Park hält die Linie 2 der Aseag, durch Goethestraße und Mozartstraße ist man in ein paar Minuten am Elisenbrunnen.
Warum steht da, auch im Hinblick auf den sommerlichen Andrang am Hangeweiher, nicht längst eine vernünftig ausgeleuchtete, zumindest videoüberwachte (Fahrrad-)Parkpalette? Im neuen Flächennutzungsplan 2030 ist das Gelände zwar immer noch als "Grünfläche" ausgewiesen, aber das ist der Schotter-Parkplatz schon seit Jahren nicht mehr.
Im September 2020 ist Christo nur einen Katzensprung entfernt
Zurück zum Büchel: Seit Bekanntgabe der Schließung überbieten sich die "kreativen" Köpfe in Aachen mit Ideen, wie man Europas vermutlich einziges DriveIn-Pissoir nach seiner Schließung einer möglichst attraktiven Anschlussverwendung zuführen kann, bevor eines fernen Tages der Bagger mit der Abrissbirne anrückt.
"Shakespeare im Parkhaus" ist davon noch die harmloseste geistige Fehlzündung. Da muss man schon ein ganz großer Shakespeare-Fan sein bei dem Gedanken, sich im Winter in einem unbeheizten und bepissten Parkhaus "Romeo und Julia" anzutun.
Weil die anderen Ideen noch schräger waren und gerade im Monschauer Kunst- und Kulturzentrum der Städteregion (KuK) eine Ausstellung an Christos Verhüllung der Burgruine "Haller" hoch über Monschau im Jahr 1971 erinnert, kam ich auf die Idee ...
Vielleicht kann man ja mal meinen geschätzten früheren AN-Chefredakteur Kaspar Vallot befragen, wie er Christo damals für Monschau begeistert hat.
Zumal der Bulgare im nächsten Jahr ohnehin in der Nähe künstlerisch tätig ist - vom 19. September bis 4. Oktober will Christo in Paris den "Arc de Triomphe" einpacken. Da wäre es mit dem Thalys nur ein Katzensprung zur Aachener "Garage du Pipi".
Wie ich Aachen kenne, wird da auch wieder nichts draus.
Obwohl die Parallelen zur Schließung des Parkhauses am Büchel unübersehbar sind: Christos Idee für die Verhüllungsaktion in Paris stammt schließlich auch schon aus dem Jahr 1962. |
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Vorbild für Aachen? So wird sich der Arc de Triomphe in Paris im nächsten Jahr Ende September präsentieren, nachdem Verpackungskünstler Christo Hand angelegt hat. // Photo: André Grossmann © 2019 Christo |
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