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Der Laie sieht nur Steine und Geröll. Stadtarchäologe Andreas Schaub mit einem etwa einen Meter tiefen Schnitt, der im Jahre 2011 bei Grabungen unter der Vorhalle des Aachener Domes gesichert werden konnte. Der Schnitt zeigt mehr als 500 Jahre Aachener Siedlungsgeschichte, von unten nach oben (1) den gewachsenen Boden von der Jungsteinzeit bis zu den ersten Römern, (2) den "römischen Trampelhorizont", also die Ebene, auf der die ersten Öcher gelaufen sind. Schicht (3) ist der mit Feuerstein-Brocken durchsetzte erste römische Straßenbelag. Die Ebene (4) ist im Zusammenhang mit dem Bau der Münsterthermen entstanden. Sie enthält in großer Zahl Grauwacken-Splitter, die beim Behauen der Steine entstanden. In Schicht (5) finden sich jede Menge Ziegelabfälle. Die Grauwacken-Spuren in Schicht (6) lassen vermuten, dass zu dieser Zeit an den Thermen größere Umbauarbeiten, evtl. auch Erweiterungen, vorgenommen wurden. Ebene (7) enthält wiederum Bauschutt. Schicht (8) hat eine ähnliche Zusammensetzung wie (3). Seit dem Bau der ersten Straße (3) war soviel Siedlungsabfall liegengeblieben und neu bebaut worden, dass man das Niveau der Straße anheben musste. Schicht (9) schließlich enthält den Abbruchschutt der Münsterthermen, die Ende des vierten / Anfang des fünften Jahrhunderts aufgegeben wurden. An ihrer Stelle legte Karl der Große im Jahr 795 den Grundstein für seine Marienkirche, das Oktogon des Aachener Domes. (Wenn Sie das Bild ohne störende Zahlen betrachten wollen, fahren Sie einfach mit der Maus hinein. Für iPad-Nutzer: Fingertipp ins Bild lässt die Zahlen verschwinden, beim Fingertipp außerhalb sind sie wieder da.) // Foto: Ulrich Simons |
15. Februar 2020
Stadtarchäologe Andreas Schaub:
Den hätte ich gerne in Geschichte gehabt
Den Mann zu erleben, ist ein Glücksfall für jeden historisch Interessierten. Stadtarchäologe Andreas Schaub verfügt nicht nur über ein schier unerschöpfliches Wissen vor allem über Kelten und Römer, sondern auch über die seltene Gabe, diesen reichen Schatz an Kenntnissen auf so spannend-amüsante Weise vermitteln zu können, dass man ihm stundenlang zuhören möchte.
Wenn Sie irgendwann einmal die Ankündigung zu einem öffentlichen (Geschichts-)Vortrag mit ihm lesen: Gehen Sie hin! Das Thema ist egal - der Mann ist einfach gut.
Ich lernte ihn an einem kalten Vormittag Anfang Dezember an einer Baugrube in der Lothringer Straße kennen, wo die Regionetz in etwa drei bis vier Metern Tiefe auf die Überreste einer alten römischen Wasserleitung gestoßen war. Zumindest auf die Teile, die damals nicht aus Holz gewesen waren.
Die Römer waren nicht nur brachiale Haudraufs in klirrenden Rüstungen. In ihrem Gefolge hatten sie unter anderem Architekten und Ingenieure, die den eroberten Gebieten in vielen Bereichen so etwas wie "Zivilisation" brachten. Und weil die alten Steine da unten im Loch in der Lothringerstraße ihre Geschichte nicht mehr erzählen konnten, hat das der Andreas Schaub gemacht.
Das Stückchen Kanal gehörte zu einer Wasserleitung, die in einem Sammler etwa dort endete, wo heute die Elisabethhalle steht. Unter anderem diente das (kalte) Wasser dazu, im antiken Badebezirk an Dom und Büchel das bis zu 70 Grad heiße Wasser der dortigen Thermalquellen auf angenehme Badetemperaturen herunterzukühlen.
Das "Kühlmittel" stammte aus der Wurm, die von Diepenbenden kommend auf der stadtabgewandten Seite der heutigen Wilhelmstraße in etwa im Bereich der Bachstraße verlief. Die Römer hatten sie angezapft und einen Teil ihres Wassers in Richtung des heutigen Elisenbrunnen geleitet.
Die anderen Bäche wie Pau oder Johannisbach, erzählte Andreas Schaub, erfüllten in alter Zeit zum Teil andere Funktionen. "Der Johannisbach", verblüffte der Stadtarchäologe seine Zuhörer, "war stellenweise bis zu fünf Meter breit und wurde mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von flachbödigen Schwerlastkähnen befahren."
Da wurde ich natürlich hellhörig. Anfang Februar haben wir uns dann mal zu einem längeren Gespräch getroffen ....
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