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Der Tunnel am Luerweg wurde nach Angaben der Stadt im Jahre 1912 gebaut, weil über ihn die Eisenbahn zwischen Aachen und Belgien verlaufen sollte. Was irgendwie nicht stimmen kann, denn die Bahnlinie befindet sich seit der Eröffnung des alten Buschtunnels im Jahr 1843 rund 250 Meter weiter östlich. // Foto: Ulrich Simons |
22. August 2020
Mini-Tunnel am Luerweg:
Ende nach 108 Jahren
Er hat zwei Weltkriege überstanden und nie einen richtigen Zug gesehen, was ihm vermutlich das "Leben" gerettet hat - er war als strategisches Ziel einfach zu unbedeutend.
Jetzt droht dem kleinen Straßentünnelchen am Luerweg im Stadtteil Bildchen nach exakt 108 Jahren ein ganz und gar unspektakuläres Ende: Ab Montag wird er im Behördendeutsch "zurückgebaut", was nichts anderes bedeutet als: plattgemacht.
Bei der turnusmäßigen Hauptprüfung des Bonsai-Tunnels am Luerweg waren am 16. Oktober vorigen Jahres starke Schäden am Gewölbe des Bauwerks festgestellt worden. Das berichtete die Stadt kurz vor dem Wochenende.
Ingenieure hatten sich dazu mithilfe eines Hubsteigers bis unter die Tunneldecke begeben und waren mit der schlechten Nachricht zurückgekommen: Eine Sanierung oder Sicherung des Gewölbes ist nicht mehr möglich.
Da nichts und niemand mehr oben drüber fährt oder geht, empfahl sich nach Angaben der Stadt zur Verkehrssicherung nur der Abriss. Der beginnt am Montag, 24. August.
Für die Dauer der Arbeiten muss der Luerweg an dieser Stelle für den Durchgangsverkehr gesperrt werden, die entsprechenden Schilder und Absperrungen wurden am Freitag in Stellung gebracht.
Müllabfuhr kommt nicht
Die Anwohnerinnen und Anwohner sind informiert, eine Umleitung für den hinteren Teil des Luerwegs ist ausgeschildert. Sie verläuft über Hergenrather Weg, Aachener Straße, Fönnes, Marienheide, Buschstraße und Kesselweg. Die Sperrung wird voraussichtlich bis Freitag, 11. September, dauern. |
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Nicht mehr zu retten: Am Gewölbe hat dermaßen der Zahn der Zeit genagt, dass der 108 Jahre alte Tunnel am Luerweg jetzt abgerissen werden muss. // Foto: Ulrich Simons |
Da während der Bauzeit keine Abfallentsorgung erfolgen kann, werden die Anwohnerinnen und Anwohner für diese Zeit mit zusätzlichen Abfallbehältern ausgestattet, die bei der nächsten Leerung mit abgeholt werden.
Der Zweck bleibt unklar
Bisher nicht abschließend zu klären war, welchem Zweck der kleine Tunnel einmal gedient hat. In ihrer Pressemitteilung schreibt die Stadt Aachen:
"Das Brückenbauwerk wurde 1912 errichtet und sollte die Bahnstrecke von Aachen in Richtung Belgien überführen. Die Bahnstrecke wurde dann 250 Meter weiter östlich errichtet."
Da würde mich die Quelle interessieren, weil die Bahnstrecke schon am 15. Oktober 1843 nach Fertigstellung des ersten Buschtunnels eröffnet wurde und ihren Verlauf bis auf ein paar kleinere Linienoptimierungen im Bereich der Entenpfuhler Brücke anlässlich des Buschtunnel-Neubaus nicht mehr geändert hat.
Weshalb also der kleine Tunnel?
Im Gelände nördlich, vor allem aber ein paar hundert Meter südlich des Tunnels sind noch Anschüttungen erkennbar, die einmal ein Bahndamm gewesen sein könnten. Laut historischer Karten endete die Rampe im Süden am heutigen Hergenrather Bahnhof, im Norden etwa in Höhe des Sportplatzes auf der von Aachen aus gesehen linken Seite des Hergenrather Weges.
Möglicherweise war es eine Art "Industrie-" oder Schmalspurbahn, die in Hergenrath von der Hauptstrecke abzweigte. |
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Der kleine Tunnel (roter Kreis), hier auf einer topographischen Karte aus dem Jahr 1937, liegt im Verlauf einer Liniensignatur, deren Bedeutung ich (noch) nicht klären konnte. // Karte: Historika25 / Landesvermessungsamt NRW |
Gibt es unter meinen Leserinnen und Lesern vielleicht noch eine(n) etwa 120-Jährige(n). der sich erinnert, ob um 1912 im Bereich der heutigen Einmündung des Hergenrather Weges auf die Lütticher Straße mal irgendeine Form von Industrie mit Eisenbahnanschluss Richtung Hergenrath anässig war?
Rund 200 Meter südlich des Tunnels, im scharfen Knick des Kesselweges, ist im Feld noch diese langgezogene Erhebung erkennbar, bei der es sich um die Reste eines alten Bahndammes handeln könnte. Richtung und Höhe würden jedenfalls zum weiter rechts liegenden Tunnel (nicht mehr auf dem Bild) passen. // Foto: Ulrich Simons |
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