
Vorige Woche an der Bushaltestelle "Franziskus". Machen Sie sowas mal mit ihrem Auto ... // Foto: Ulrich Simons |
aktualisiert 03. Dezember 2020
02. Dezember 2020
In Paris fliegt sowas in den Kanal:
Roller-Rüpel versperren Bürgersteige
Dieser Tage an der Bushaltestelle Franziskus-Hospital: Ein halbes Dutzend Elektro-Röllerchen der Anbieter TIER und VOI blockiert den Gehweg. Fußgänger müssen auf den Radweg ausweichen und geraten prompt mit den dortigen Benutzern aneinander, Rollstuhlfahrer kommen nur noch mit Mühe vorbei. Eine Radfahrerin fährt mich ungebremst fast über den Haufen, als ich gerade die Situation fotografiere.
Es ist nicht das erste Mal. Auch auf dem schmalen Bürgersteig entlang der Mauer in der oberen Sanatoriumstraße stehen regelmäßig rücksichtslos verlassene E-Scooter und zwingen Fußgänger zu Ausweichmanövern in die Straße.
Wer die dort hingestellt hat, kann man nur vermuten, aber es liegt irgendwie auf der Hand.
Dabei ist die Lösung so nahe: Kann man die Kinderspielzeuge nicht einfach auf der Rasenfläche gleich neben der immer noch nicht betriebsbereiten Velocity-Station abstellen, wo sie keinen behindern?
Passantenstopper kosten Geld, E-Scooter nicht
Bis zu 1400 E-Scooter sind derzeit im Stadtgebiet unterwegs oder stehen in der Gegend herum. Knöllchen schreiben kann die Stadt für die Spielzeuge nicht, wie meine Kollegin Annika Kasties Anfang November in AZ und AN ausführlich erläuterte.
Denn nicht alles, was Fußgängern und Rollstuhlfahrern im Weg steht, wird rechtlich gleich behandelt.
Während Geschäftsleute für sogenannte Passantenstopper auf dem Bürgersteig 80 Euro im Jahr an die Stadt überweisen dürfen, fällt der E-Scooter-Wildwuchs unter "Gemeingebrauch öffentlicher Verkehrsflächen" und ist nicht gebührenpflichtig, weil die Verkehrshindernisse - bitte anschnallen - "dem Allgemeinwohl dienen". Das tut im übrigen auch jeder Aldi.
Problem auch bei den falsch geparkten Elektrorollern: Zwar lässt sich der letzte Nutzer anhand seiner Handydaten relativ leicht ermitteln, doch da die E-Scooter nicht allzu schwer sind, kann der sich immer damit herausreden, ein anderer habe sein Gefährt verkehrsbehindernd umgeparkt.
In Paris geht man mit derartigen Landplagen nicht so feinfühlig um wie in Aachen. Aus einem Kanal am Rand der Stadt haben zwei Studenten am Wochenende mithilfe von starken Magneten 51 Leihfahrräder gangelt, meldet ntv heute Morgen.
Schade, dass der Johannisbach nicht tief genug und der Hangeweiher so weit weg ist ...
Nachtrag:
Harald Beckers vom Presseamt der Stadt weist zu Recht auf den Unterschied zwischen Gebühren und Knöllchen hin. Gebühren dürfe die Stadt nach derzeitiger Rechtslage für das Abstellen der Roller auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht erheben, Knöllchen dürfe sie aber sehr wohl verteilen - und das tue sie auch.
In der Stadt gebe es zum einen Zonen, in denen das Fahren mit und das Abstellen von E-Scootern untersagt sei, zum Beispiel rund um Dom und Rathaus.
Außerhalb dieser Verbotszonen seien die Regeln eigentlich klar: Die Flitzer dürften keine öffentlichen Fußwege, Haltestellen, Einfahrten oder Gebäudeeingänge blockieren. Nutzer müssten eine Restgehwegbreite von mindestens zwei Metern freihalten. Sei dies nicht der Fall, werde auch das städtische Ordnungsamt tätig – und verteile Knöllchen.
Insgesamt 251 Mal habe die Stadt Aachen ein Verfahren gegen Parksünder eingeleitet, die mit den E-Scootern andere Menschen über die Maßen behindert hätten; das Verwarnungsgeld betrage 20 Euro.
Noch ein aktueller Nachtrag:
Auf ein ebenso hochinteressantes wie aktuelles Urteil des OVG Münster zum Thema "Nutzung des öffentlichen Straßenraumes" macht mich dankenswerter Weise mein Leser Matthias Bassüner aufmerksam.
Die Richter des OVG gaben der Stadt Düsseldorf Recht, die verfügt hatte, dass der zur Deutschen Bahn AG gehörende Mietrad-Verleiher Call a Bike seine Räder nicht mehr weiter im öffentlichen Straßenraum abstellen darf. Die Stadt Düsseldorf sah in dem Wildparken vor allem auf Bürgersteigen keinen Gemeingebrauch, sondern eine Sondernutzung, für die Call a Bike keine Genehmigung habe.
Die Mieträder seien dort nicht nur zum Parken abgestellt, sondern zur späteren Inbetriebnahme und dem Abschluss eines neuen Mietvertrages. Die Nutzung der Straße sei daher dem übrigen Straßenhandel gleichzusetzen.
Hier die Pressemitteilung des OVG vom 20. November 2020 im Wortlaut:
Mietfahrräder dürfen in Düsseldorf
nicht im öffentlichen Straßenraum abgestellt werden
Die “Call a Bike“-Mietfahrräder der Deutschen Bahn dürfen in Düsseldorf nicht weiter im öffentlichen Straßenraum, etwa auf Gehwegen, abgestellt werden. Dies hat das Oberverwaltungsgericht heute im Eilverfahren entschieden und den vorausgehenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Stadt Düsseldorf hatte der Antragstellerin, der Deutsche Bahn Connect GmbH, per Ordnungsverfügung aufgegeben, die “komplette Leihfahrräderflotte“ aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen und das Abstellen der Fahrräder auch in Zukunft zu unterlassen, weil die dafür erforderliche Sondernutzungserlaubnis fehle.
Auf Antrag des Unternehmens hatte das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Eilbeschluss vom 15. September 2020 die Nutzung des öffentlichen Straßenraums vorläufig weiter zugelassen, weil das Aufstellen und Anbieten der Mietfahrräder keine Sondernutzung sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Stadt Düsseldorf hatte Erfolg.
Zur Begründung seines Eilbeschlusses hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt: Die Ordnungsverfügung sei voraussichtlich rechtmäßig. Das stationsunabhängige Aufstellen der Fahrräder im öffentlichen Straßenraum zwecks Vermietung sei eine Sondernutzung, wofür die Antragstellerin nicht die erforderliche Erlaubnis habe.
Die Nutzung des öffentlichen Straßenraums durch das Abstellen der Fahrräder sei kein Gemeingebrauch. Denn die Straße werde hier nicht vorwiegend zum Verkehr genutzt; insbesondere seien die Mieträder nicht nur zum Parken abgestellt.
Nach dem Geschäftsmodell der Antragstellerin (“Call a Bike“) stünden sie zwar auch zwecks späterer Wiederinbetriebnahme im Straßenraum. Im Vordergrund stehe aber der gewerbliche Zweck, mit Hilfe des abgestellten Fahrrads den Abschluss eines Mietvertrags zu bewirken.
Die Nutzung der Straße unterscheide sich insofern nicht von sonstigem Straßenhandel, der regelmäßig als Sondernutzung zu qualifizieren sei. Die deshalb erforderliche Sondernutzungserlaubnis liege nicht vor, die Antragstellerin habe eine solche auch nicht beantragt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 11 B 1459/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf 16 L 1774/20)
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