Das Pelzerbad war zwischen den beiden Weltkriegen DER Sommer-Treffpunkt am Johannisbach. Im Hintergrund erkennt man auf dem Foto aus den 1930er Jahren ein wenig links von der Bildmitte den Giebel der Schule an der Hanbrucher Straße, am rechten Bildrand den Kirchturm von St. Jakob und den qualmenden Schornstein der Eisfabrik Ignatz Koelman. Der Fabrikant betrieb am Pottenmühlenweg bis in die 60er Jahre eine Fabrik zur Herstellung von Blockeis, mit dem die "Eisschränke" gekühlt wurden. Dort stehen heute die beiden Hochhäuser im Johannistal. // Foto: Sammlung Jorg Mühlenberg ** |
12. Juni 2021
In nahezu voller Montur ins Wasser:
Das Freibad im Johannistal
Von Bruno Lerho *
Ein gewisser Herr Pelzer pachtete vor dem 1. Weltkrieg vom Blockeisfabrikanten Ignatz Koelman ein etwa 20.000 Quadratmeter großes Wiesengelände am Johannisbach, zwischen Gut Hanbruch und dem Pottenmühlenweg gelegen.
Pelzer hatte die Idee, auf dem Gelände ein „Freiluft- und Schwimmbad“ zu errichten. Mit Zähigkeit und Ausdauer schuftete der hagere Mann, dem damals nur Schaufel, Hacke und Schubkarre zur Verfügung standen, um seinen Traum wahr zu machen.
Nach einigen Jahren gab Pelzer auf. Ein großes Schwimmbassin mit einer Tiefe von mehr als vier Metern und einer Ausdehnung von 30 x 33 Metern war für einen einzelnen Mann wohl doch zuviel. Die Koelmans griffen die Idee auf und stellten das Schwimmbassin fertig. Umkleidekabinen wurden aufgebaut, und das Freibad bekam den Namen „Pelzerbad“.
Damen links, Herren rechts - und dazwischen ein Bretterzaun
Zu dieser Zeit, kurz nach dem 1. Weltkrieg, herrschten noch strenge Sitten, und so musste ein Teil des großen Geländes und das Schwimmbecken durch einen hohen Bretterzaun getrennt werden: Eine Seite für Frauen, die andere für Männer. Wer die Bademode der damaligen Zeit kennt, weiß, daß man fast voll bekleidet über den Rasen hüpfte oder ins Wasser ging.
In den 20er Jahren kam der Trennzaun weg. Das Pelzerbad hieß jetzt „Badeanstalt Familienbad Johannistal“, und beide Geschlechter durften zusammen schwimmen und Sport treiben. Medizinball, Faustball und Körperertüchtigungsübungen waren die sportlichen Aktivitäten der damaligen Zeit.
Im 2. Weltkrieg änderte sich die Bademode, man ließ mehr Haut sehen. In den letzten Kriegsjahren war das Schwimmbad geschlossen. Drei Jahre nach dem Krieg, 1948, wurde das „Pelzerbad“ wiedereröffnet, und die Badegäste strömten herbei.
Es war einmal ... Ausschnitt aus einer topographischen Aachen-Karte aus dem Jahr 1947. Den Morillenhang gibt es noch nicht, aber der heutige Franziskusweg ist rechts vom Gut Hahnbruch (damals noch mit "h") als gestrichelter Feldweg ziemlich genau in der Bildmitte gut auszumachen. In seiner Verlängerung ist das quadratische Bassin des Pelzerbades zu erkennen. // Karte: Landesvermessungsamt NRW / Historika 25 |
Gedränge im Bach
An heißen Tagen tummelten sich Tausende in dem großen Freibad, und das 30 x 33 Meter große Schwimmbecken war gerammelt voll. Das damals noch natursaubere Wasser des Johannisbachs wurde durch eine kleine Kläranlage gereinigt.
Das Bachwasser durchlief drei Kammern (mit Schotter, Koks und Kies gefüllt), ehe es ins Bassin floß. Dabei wurde es in einem Kanal, der eine Breite von 1,50 Metern und eine Wassertiefe von ca. 5 Zentimetern hatte, die ganze Beckenlänge von ca. 30 Metern entlang geführt. Das kalte Bachwasser wurde so erwärmt, und Kleinkinder hatten ein Planschbecken, in dem sie gefahrlos spielten.
An Wochenenden bis zu 4000 Besucher
Das nach dem heutigen Stand primitive Freibad hatte an heißen Wochenenden einen Besucherstrom von 4000 Personen zu verkraften. Es waren andere Zeiten, und die Ansprüche wurden nicht so hoch geschraubt. Eine große Zahl von Stammgästen erlebte hier bei Ringtennisspiel und Geselligkeit schöne Jahre nach dem Terror des Krieges.
Ende der 1950er Jahre schloß die Familie Koelman das Schwimmbad, das Gelände wurde an die Stadt verkauft, und nur der Koelmans-Weiher, der heute im kleinen Biotop am Spazierweg zwischen Johannistal und Gut Hanbruch (früher Hahnbruch) liegt, ist als "wilder Weiher" vom Pelzerbad übrig geblieben.
* Bruno Lerhos Geschichte über das Pelzerbad erschien am 19. Dezember 1995
erstmals in der Serie "Aus alten Zeiten" in den "Aachener Nachrichten".
1997 wurde sie mit 70 weiteren Beiträgen
unter dem Titel
"Aachen in alten Zeiten" in Buchform veröffentlicht.
** Jorg Mühlenberg, nach München ausgewanderter Aachener,
betreibt in alter Verbundenheit zu seiner Heimatstadt
seit vielen Jahren das Internet-Portal www.aachen-stadtgeschichte.de
mit unzähligen fotografischen Raritäten aus dem alten Aachen.
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