21. August 2021
Man weiß ja inzwischen, wie sowas in Aachen endet. Weshalb mir gleich klar war, dass die Nachricht von der Erneuerung der Vaalser Straße nicht die ganze Geschichte sein konnte. Ich habe daraufhin ein bisschen im Ratsinformationssystem gestöbert und bin prompt fündig geworden.
Hier kommt die zweite Hälfte, die am Donnerstag, 2. September, um 17 Uhr im Eurogress, Konferenzraum 1, im Mobilitätsausschuss zur Beratung ansteht, und die das Presseamt bei seiner Mitteilung vom vergangenenen Donnerstag wohlweislich nicht an die große Glocke gehängt hat.
Denn mit dem Beschluss zum Radentscheid hat sich der Rat unter anderem verpflichtet, "jährlich an Hauptverkehrssstraßen fünf Kilometer Radwege zu bauen, die als Einrichtungsradwege mit 2,30 Metern Breite zwei Knotenpunkte lückenlos verbinden. Sie werden baulich vor Befahren, Halten und Parken durch Kfz geschützt. Die Radwege entstehen ohne Flächenminderung für Fußverkehr und ÖPNV und sind auch von diesen baulich getrennt."
Die Vaalser Straße ist jedenfalls per definitionem eine "Hauptverkehrsstraße", und deswegen sollten Sie und vor allem die dortigen Anwohner auch den zweiten, bisher unveröffentlichten Teil der Pläne kennen. Alle nachfolgend eingerückten Passagen sind wörtlich aus der Vorlage für den Ausschuss übernommen.
Auf die Umsetzung einer weiteren Forderung, wonach die Radhauptverbindungen "steigungsarm" zu sein haben, darf man auf der je nach Fahrtrichtung ziemlich abschüssigen bzw. steilen Vaalser Straße gespannt sein.
Ein Problem übrigens, dass sich in noch größerem Ausmaß demnächst auch auf der Krefelder Straße stellen dürfte. Die lässt sich "steigungsarm" vermutlich nur durch einen Fahrradtunnel vom Tivoli zur Hotmanspiif überwinden.
Beschreibung der Markierungsvarianten
Alle drei Markierungsvarianten haben gemein, dass sie im Abschnitt zwischen der Bundesgrenze und der Bushaltestelle die Anlage von zwei Meter breiten, rot eingefärbten Schutzstreifen vorsehen. Damit wird die Schutzstreifenführung aus den Niederlanden über die Grenze hinweg verlängert. Die Kernfahrbahnbreite beträgt ca. 5,80 Meter.
Bei Begegnung zweier Großfahrzeuge muss der Schutzstreifen mitbenutzt werden. Die zwei Parkstände, die sich am Fußgängerüberweg befinden, entfallen in allen Varianten, um dem Fußverkehr mehr Raum zu geben; das Ausweichen auf den „Mamma Mia“-Parkplatz ist dadurch nicht mehr nötig.
Östlich der Bushaltestelle unterscheiden sich die drei Varianten wie folgt:
Variante 1 (Radfahrstreifen)
In beide Fahrtrichtungen werden zwei Meter breite Radfahrstreifen angelegt (Regelmaß: 1,85 Meter), die vollflächig rot eingefärbt werden. Die Fahrbahn für den Kfz-Verkehr ist 6,50 Meter breit. Bei diesem Maß ist die Begegnung zweier Großfahrzeuge möglich, ohne auf die Radverkehrsanlage auszuweichen, was bei Radfahrstreifen ohnehin nicht gestattet ist.
Für die Anlage der Radfahrstreifen ist der Entfall der etwa 34 Fahrbahnrandparkplätze auf der nördlichen Straßenseite erforderlich. Das Maß von zwei Metern steht dem Radverkehr aufgrund der 0,50 Meter breiten Entwässerungsrinne nicht vollständig zur Verfügung. Eine Verschmälerung der Rinne ist im Rahmen der Maßnahme leider nicht möglich.
Östlich der Keltenstraße kann der stadtauswärtsführende Radfahrstreifen für ein etwa 85 Meter langes Stück auf eine Breite von 2,50 Metern (exklusive der Rinne) aufgeweitet und mit baulichen Trennelementen zum fließenden Verkehr versehen werden. Dieses Teilstück würde dann die Gestattungsvorgaben des Radentscheids für Hauptverkehrsstraßen erfüllen.
Auf der Südseite wird durch eine Markierung ein 0,75 Meter breiter Sicherheitstrennstreifen zwischen dem ruhenden Verkehr und dem Radfahrstreifen geschaffen.
Die Kosten für die Neumarkierung, die Roteinfärbung und die Anlage der baulichen Trennelemente betragen schätzungsweise 160.000 €.
Variante 1: Radfahrstreifen (großes Bild)
Variante 2 (Schutzstreifen)
Auf der nördlichen Seite wird der zwei Meter breite Schutzstreifen in östliche Richtung weitergeführt. Das Parken kann hierbei bestehen bleiben. Zwischen ruhendem Verkehr und dem Schutzstreifen wird ein Sicherheitstrennstreifen von 0,75 Metern angelegt.
Diese Abmessungen liegen deutlich über dem Regelmaß von 1,50 bzw. 0,25-0,50 Metern. Auf der Südseite bleibt die Situation im Vergleich zum Bestand nahezu unverändert: Der Seitenraum wird ohne bauliche Anpassung als nicht benutzungspflichtiger kombinierter Geh- und Radweg ausgewiesen.
Die Kosten für die Neumarkierung und die Roteinfärbung betragen schätzungsweise 140.000 €.
Perspektivisch ist auf der Südseite die Anlage eines getrennten Geh- und Radwegs unter Entfall des heutigen Parkstreifens (12 Parkstände) denkbar.
Variante 2: Schutzstreifen (großes Bild)
Variante 3 (Protected Bike Lane)
Auf der nördlichen Fahrbahnseite wird auf einer Länge von ca. 225 Metern ein mit baulichen Trennelementen geschützter Radfahrstreifen (Protected Bike Lane) angelegt, der die Anforderungen des Radentscheids erfüllt. Hierfür müssen die 34 Parkstände am Fahrbahnrand entfallen.
Der Radfahrstreifen hat eine Breite von 2,50 Metern und wird vollflächig rot eingefärbt. Auf der Südseite wird der Seitenraum - wie in Variante 2 - ohne bauliche Anpassungen als nicht benutzungspflichtiger kombinierter Geh- und Radweg ausgewiesen.
Die Kosten für die Neumarkierung, die Roteinfärbung und die Anlage der baulichen Trennelemente betragen schätzungsweise 171.000 €.
Wie auch in Variante 2 könnte auf der Südseite perspektivisch ein getrennter Geh- und Radweg unter Entfall des heutigen Parkstreifens (12 Parkstände) angelegt werden.
Variante 3: Protected Bike Lane (großes Bild)
Fachliche Bewertung der Umgestaltungsvarianten
Für den Fußverkehr wird die Situation in Variante 1 kurzfristig verbessert, da der Radverkehr auf der Südseite zwischen Bushaltestelle und Keltenstraße auf die Fahrbahn verlagert wird. Bei den Varianten 2 und 3 bleibt in dieser Beziehung der Status quo zunächst erhalten. Perspektivisch ist hier jedoch auch eine Trennung von Fuß- und Radverkehr möglich.
Die Bedingungen für den Radverkehr werden in Variante 3 am stärksten verbessert: Zwischen Bushaltestelle und Ortsausgang fährt der Radverkehr in beiden Fahrtrichtungen baulich vom Kfz-Verkehr getrennt. Auf der Nordseite steht eine Radverkehrsanlage mit sehr komfortabler Breite zur Verfügung.
In den Varianten 1 und 2 wird die Situation für den Radverkehr im Vergleich zum Bestand ebenfalls verbessert, da durch den großzügigen Sicherheitstrennstreifen zum ruhenden Verkehr von 0,75 Metern Unfälle mit aufschwenkenden Autotüren zuverlässig verhindert werden und die zwei Meter breiten Radverkehrsanlagen das gegenseitige Überholen zweier Fahrräder ermöglichen.
In Variante 2 bleiben die Parkstände auf der nördlichen Straßenseite erhalten, in den Varianten 1 und 3 entfallen diese. Es ist zu befürchten, dass durch den Wegfall der Parkstände ein höherer Parkdruck an anderer Stelle im Quartier entstehen würde.
Bereits heute kommt es in diesem Gebiet (vor allem Püngelerstraße) häufig zu Behinderungen durch unrechtmäßig abgestellte Fahrzeuge. Insbesondere die ASEAG hat deutlich darauf hingewiesen, dass bei dem Verlust der Parkstände weitere Beeinträchtigungen des Linienverkehrs erwartet werden.
Verwaltung favorisiert Variante 2
Nach Abwägung der genannten Belange empfiehlt die Verwaltung in Abstimmung mit ASEAG und Polizei die Umsetzung von Variante 2 (Schutzstreifen). Zum einen wird durch den rot eingefärbten, zwei Meter breiten Schutzstreifen mit 0,75 Meter breitem Sicherheitsabstand zum Parkstreifen eine objektiv sichere Radverkehrsanlage geschaffen.
Durch die komfortablen Abmessungen und die rote Einfärbung der Schutzstreifen ist zu erwarten, dass sie von den Radfahrenden auch tatsächlich als sicherer empfunden werden als die Schutzstreifen, die der Standardgestaltung entsprechen. Zum anderen ergibt sich hierdurch eine kontinuierliche Führungsform, die gut an die niederländische Gestaltung anschließt.
Entscheidend ist zudem die Einschätzung der ASEAG, die die Alte Vaalser Straße / Püngelerstraße in einem dichten Takt befährt und bei den Varianten 1 und 3 erhebliche Behinderungen erwartet.
Am Donnerstag beschließt der Mobilitätsausschuss, das letzte Wort hat am 22. September die Bezirksvertretung Laurensberg.