Die CDU hatte eingeladen, gut 20 Anwohnerinnen und Anwohner der Vaalser Straße waren auf den kleinen Parkplatz gekommen, wo früher das Zollhäuschen stand, um ihrem Unmut über den Beschluss des Mobilitätsausschusses Luft zu machen und mit den Politikerinnen und Politikern über eine bessere Lösung nachzudenken. // Foto: Ulrich Simons |
16. September 2021
Vaalser Straße: Neue Hoffnung
nach dem Vor-Ort-Termin mit der CDU
Eine Stunde intensiver Meinungsaustausch und am Ende ein Licht am Ende der Vaalser Straße: Auf Einladung der CDU-Fraktion trafen sich am Donnerstagnachmittag etwa 20 Anwohnerinnen und Anwohner um ihrer Verärgerung über den jüngsten Beschluss des Mobilitätsausschusses Luft zu machen und gemeinsam nach einer praktikableren Lösung zu suchen.
Am 2. September hatte sich der Mobilitätsausschuss gegen die Stimmen von CDU und FDP mehrheitlich unter drei zur Auswahl stehenden Varianten für den Bau einer "Protected Bike Lane" (übersetzt je nach politischem Standort "geschützter Fahrradstreifen" oder "Fahrradautobahn") im unteren Teil der Vaalser Straße unmittelbar vor der Grenze entschieden.
Der rund 250 Meter lange Straßenabschnitt wird derzeit neu asphaltiert, da schien es Grünen und SPD zweckmäßig, an den Anwohnern vorbei und über die Bezirksvertretung Laurensberg hinweg den Verkehrsraum neu zu sortieren. An sich keine schlechte Idee, wenn da nicht das etwas eigentümliche Verfahren gewesen wäre, das unter dem Schlagwort "Schnell-Besser-Maßnahme" ins Sitzungsprotokoll einging.
Die CDU war in großer Besetzung erschienen: An der Spitze Bürgermeister Holger Brantin, an seiner Seite Fraktionsvorsitzende Iris Lürken, Gaby Breuer (verkehrspolitische Sprecherin der CDU), Jörg Lindemann (sachkundiger Bürger im Mobilitätsausschuss), Alexander Gilson (stellv. Bezirksbürgermeister in Laurensberg) und Elke Eschweiler (Bezirksbürgermeisterin in Eilendorf).
Für die Grünen hatte sich nur Karin Schmitt-Promny (Bezirksvertreterin der Grünen) ins "Haifischbecken" gewagt, schlug sich aber wacker.
Oberbürgermeisterin war nicht zu sprechen
Zahnarzt Dr. Wolfgang Noethlichs ("Wir wollen keine Front aufbauen, sondern eine Lösung, die funktioniert.") skizzierte eingangs die Lage. Die Ausgangssituation sei für alle Beteiligten gut gewesen. Jetzt allerdings werde am Bürgerwillen vorbei operiert. Die Anwohner seien über die Pläne zum Bau einer Protected Bike Lane (PBL) nicht informiert gewesen, lediglich die Asphaltierung der Fahrbahn sei ihnen angekündigt worden.
Versuche der Anwohner, mit der nach eigenen Angaben so bürgernahen und dialogbereiten Oberbürgermeisterin Kontakt aufzunehmen, waren gescheitert. Ein Rückmeldung sei trotz entsprechender Bitte nicht erfolgt, bei Sibylle Keupens "Bürgersprechstunde" sei man vor verschlossene Türen gelaufen.
Wolfgang Noethlichs kritisierte das Zustandekommen des Beschlusses: Normalerweise durchliefen solche Entscheidungen zunächst die Bezirksvertretung und landeten erst danach im Fachausschuss. Insofern habe es eindeutig einen Fehler im Verfahren gegeben.
Auffällig sei zudem, dass im Ratsinformationssystem in der Vorlage für die Bezirksvertretung Aachen-Laurensberg am Mittwoch noch immer der Eindruck erweckt werde, es gehe um die Absegnung der von den Anwohnern favorisierten aber vom Mobilitätsausschuss mehrheitlich verworfenen Variante 2. "Es ist eine böse Unterstellung, aber könnte das sein, um die Diskussion flach zu halten?"
In einer Stadt von der Größe Aachens bei der Frage "Wer ist für sichere Radwege?" 38.000 Unterschriften zusammenzubekommen, sei aufgrund der unscharfen Fragestellung nicht schwer.
Allerdings seien diese überwiegend von jungen Leuten aus dem studentischen Milieu gekommen, und die gingen nach drei vier Jahren wieder, wenn sie mit dem Studium fertig sind. "Die haben nicht die Probleme alter Leute und mobilitätseingeschränkter Patienten." Und davon gebe es auf dem 250 Meter langen Abschnitt vor der Grenze eine Menge.
Die gute Erreichbarkeit für seine Patienten sei für ihn als Zahnarzt vor 25 Jahren einer der Hauptgründe gewesen, sich in einem der Ärztehäuser kurz vor der Grenze niederzulassen.
Erst mal wieder alle Signale auf Rot. Gut möglich, dass in Sachen fahrradgerechtem Umbau der unteren Vaalser Straße das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, nachdem die Grünen Kompromissbreitschaft für die Sitzung der Bezirksvertretung Laurensberg am Mittwoch erkennen lassen. // Foto: Ulrich Simons |
Noch übler würde der Wegfall der Straßenrand-Parkplätze die benachbarte Kinderkardiologie treffen, deren Patienten sogar aus dem Kölner Raum kommen. Einige seien schwerstbehindert und müssten auf dem Weg zur Praxis fixiert werden. Die könne man nicht bei Wind und Wetter Hunderte Meter entfernt parken lassen.
Zudem erzeuge die PBL eine trügerische Sicherheit. Das Problem seien wie auch an der Lütticher Straße (wo die PBL unter anderem aus diesem Grund verworfen wurde) die zahlreichen Grundstücksausfahrten.
Begriff noch nie gehört
CDU-Fraktionsvorsitzende Iris Lürken musste wie ihre Parteifreunde kopfschüttelnd zugeben, die euphemistische Umschreibung der Beschlussfassung nicht zu kennen. "Den Begriff ,Schneller-Besser-Maßnahme´ habe ich noch nie gehört."
Der Wunsch dahinter sei möglicherweise ein schlauer, in der Praxis handele es sich aber eher um eine Hau-Ruck-Maßnahme. Iris Lürkens Fazit: "Das geht so nicht!"
Architektin und Anwohnerin Melanie Gerhards stellte die Eilbedürftigkeit der Maßnahme grundsätzlich in Frage: "Nichts ist spontan. Schon gar nicht beim Bau einer Bundesstraße."
Karin Schmitt-Promny (Grüne) sah den Schwarzen Peter bei der Verwaltung, über deren Vorgehen sie "sehr sauer". sei. Außerdem vermisste sie eine übergeordnete Planung. Sie wünschte sich ein Verkehrskonzept für die gesamte Vaalser Straße und nicht nur für die letzten 250 Meter vor der Grenze.
Zudem zweifelte sie an, dass die Straßenrand-Parkplätze ausschließlich von Besuchern oder Patienten der Anwohner genutzt werden. Ihre Vermutung: Hier stellten auch viele Besucher des Marktes im benachbarten Vaals ihre Fahrzeuge ab. Die könnten doch auf den (gebührenpflichtigen) Parkplatz auf dem alten Zollgelände ausweichen.
Architektin Melanie Gerhards meldete Bedenken an: Langfristig sei das keine Lösung. Der Parkplatz auf dem Gelände des früheren Zollhäuschens sei städtisches Gelände, das vermutlich nicht für alle Zeiten so bleiben werde.
Mit ihrem Hinweis: "Wir brauchen die Parkplätze vor der Tür für Pflegedienste und Handwerker, und wenn es nur mal für eine halbe Stunde ist", lief sie bei Karin Schmitt-Promny (Grüne) allerdings vor die Wand. "Den Platz haben Sie in der Stadt auch nicht."
Hintertürchen in der BV-Vorlage?
Jörg Lindemann hatte in der Vorlage für die Bezirksvertretung Laurensberg ein Hintertürchen entdeckt. Dort ist zwar noch von einer vorbehaltlichen Zustimmung der BV für die abgewählte Variante 2 die Rede, aber es sei nicht einzusehen, weshalb das nicht auch für die umstrittene Variante 3 gelten soll. "Die Bezirksvertretung ist nicht komplett außen vor."
Bezirksbürgermeisterin Elke Eschweiler (Eilendorf) formulierte es noch etwas pointierter: "Ich wäre aus der Hose gesprungen, wenn der Mobilitätsausschuss das vor uns entschieden hätte."
Karin Schmitt-Promny, einzige Grüne vor Ort, versprach, dass sich ihre und die CDU-Fraktion vor der Bezirksvertretung am kommenden Mittwoch (22. September, 17.30 Uhr im Pressezentrum des Reitstadions in der Soers) noch einmal zusammensetzen, um eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Lösung zu erzielen.
Variante 2 ist wieder im Rennen.
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