Unbeschreiblich: Kabarettistin Ingrid Kühne. // Foto: privat |
05. Dezember 2022
Ingrid Kühne: Der Irrwitz des Alltags
in einem Tsunami an Pointen
Dieser Text entsteht nachts zwischen 3 und 4 Uhr. Ich kann nicht schlafen. Und daran ist diese Frau schuld. Tausende Sachen gehen mir durch den Kopf.
Zum Beispiel diese Geschichte: "Sitzen zwei Dinos im strömenden Regen am Ufer eines Flusses. Kommt die Arche Noah vorbei. Sagt der eine zum anderen: War das HEUTE???"
So einfach kann man die Sache mit dem Aussterben auch erklären.
Nix Meteorit, einfach Termin verpennt. Über sowas könnt ich mich abrollen.
Was Ingrid Kühne in ihrem neuen, zweistündigen Programm "Von Liebe allein wird auch keiner satt" ansonsten abfeuert, ist überwiegend nicht mit Worten zu beschreiben. Die Frau ist ein Gesamtkunstwerk, und die Geschichten sind nur die eine Hälfte, die erst durch ihre unnachahmliche Interpretation zu kabarettistischen Juwelen werden.
Tausendfach erlebte Begebenheiten aus dem Alltag, ob im Küchenstudio, im Hallenbad oder bei der Darmspiegelung: Ingrid Kühne gelingt es mit feiner Beobachtungsgabe, aus jeder Situation das irrsinnig Komische herauszudestillieren und auf grandiose Art zu zelebrieren.
Dabei war ich zu Anfang ein wenig skeptisch: Kann die Frau, die man sonst nur "häppchensweise" im Fernsehen vor allem aus dem Kölner Karneval erlebt, auch einen ganzen Abend solo? Aber hallo!
"Tabu ist ein Kommunikations-Gesellschaftsspiel" erklärt Wikipedia staubtrocken. Was dagegen im Hause Kühne abgeht, wenn das Spiel auf den Tisch kommt, ... nein, man kann es wirklich nicht mit Worten wiedergeben.
Selbst die Schilderung einer Beerdigung und ihre Betrachtungen über "den nächsten aus unserer Mitte, der dem Verstorbenen folgen wird", lassen die Halle erbeben. Denn man könnte diesem niederdrückenden Satz mit einem so einfachen Kniff (der hier natürlich nicht verraten wird) seinen ganzen Schrecken nehmen. Wenn der Pfarrer mitmacht.
Natürlich gibt es auch "dramatische" Momente im Programm. Wenn beispielsweise Ehemann Ralf überraschend die Vorbereitungen für das Mittagessen stört und in der Küche auftaucht, weil er "Rücken" hat und auf der Stelle eingerieben werden muss ...
Zwei Stunden Frontalangriff aufs Zwerchfell, ein Tsunami an Pointen, und am Ende steht und tobt die Halle. Danach sitzt Ingrid Kühne gutgelaunt im Foyer, schreibt Widmungen in Bücher, sammelt für ihre Stiftung für Kinder in Not und hält für Selfies den Kopf hin, bis der letzte Gast gegangen ist.
Nach dem umjubelten Stopp in Alsdorf sind bis Weihnachten noch vier weitere Termine angesetzt, dann kommt erst mal Karneval. Anfang März geht es in den Süden, zumindest bis in die Schweiz, und ab April ist Ingrid Kühne wieder in Reichweite, am 11. Mai 2023 in Düren im Haus der Stadt und am 14. Mai 2023 im Eschweiler Talbahnhof. Noch gibt es Karten.
Hingehen! Tränen lachen! Es lohnt sich.
|