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Es war nicht immer so gemütlich an dieser Stelle wie an diesem Morgen. An den Wänden und auf dem Boden der Grube hat Andreas Schaub Zettelchen mit Buchstaben und Zahlen verteilt. "M" steht für die Merowinger, "K" für karolingische Bausubstanz und "R" ganz unten für die alten Römer. Im Wort "Geschichte" steckt vermutlich nicht ganz zufällig das Wort "Schicht". So können Experten wie Andreas Schaub noch Jahrhunderte später die Epochen der Stadtentwicklung im Boden ablesen. An einer schwarzen Schicht in der Wand, etwa eine handbreit, pappt beispielsweise ein Kärtchen mit der Jahreszahl: "1248". Heute würde man sagen: Für die Aachener ein "annus horribilis".
Wilhelm von Holland überflutet die Innenstadt Ein Jahr und 20 Tage lang hatte Graf Wilhelm/Willem von Holland die Stadt belagert. Mit Hilfe von Papst Innozenz IV. wollte er sich in Aachen zum deutschen Gegenkönig krönen lassen. Die Aachener standen aber weiterhin fest auf der Seite Friedrichs II., dessen Absetzung der Papst im Juli 1245 verkündet hatte, und hielten die Stadttore verschlossen. So beschloss Wilhelm mit seinem nicht gerade kleinen Heer, die Aachener weichzukochen. Knapp ein Jahr lang dauerte die Belagerung schon, in der Stadt wurden die Vorräte knapp, da besann sich Willem der Friesen in seinem Heer und der holländischen Tradition des Deichbaus. Mit Hilfe eines gut 12 Meter hohen künstlichen Damms in der mittleren Adalbertstraße staute er Ende April 1248 drei Aachener Bäche auf, die dort zusammenkamen. Innerhalb kurzer Zeit hatten Pau, Paunelle und der Johannisbach ein Drittel der Stadt überflutet - inklusive Marktplatz, Marienkirche (Dom) und Katschhof. Ein halbes Jahr später, am 16. Oktober 1248, ergaben sich die Aachener. Die Flut hatte ihren Lehmhäusern übel zugesetzt, die halbe Stadt war durch die Belagerung zerstört, viele Bewohner obdachlos, das Brot war verdorben, Fleisch ungenießbar geworden, Nachschub kaum noch zu beschaffen. Bis 1254 blieb Wilhelm von Holland deutsch-römischer Gegenkönig. Ein schwarzer Streifen tief unten im Boden des Katschhofs erzählt die Geschichte. Es sind sogenannte "fluviatile Sedimente", Schwebstoffe, die das Wasser bis hierhin mitgeführt hatte, und die sich dann bei sinkender Fließgeschwindigkeit abgelagert haben. Laborproben haben das eindeutig bewiesen.
Im Rahmen von archäologischen Untersuchungen auf dem Katschhof waren bereits Ende vergangenen Jahres spannende Funde gemacht und öffentlich präsentiert worden. Nach einer Unterbrechung aufgrund des Weihnachtsmarktes und der Karnevalszeit konnten die Grabungen in den vergangenen Wochen wieder aufgenommen werden. „Für den zweiten Abschnitt der Grabung war die Spannung groß, ob und in welcher Form sich Siedlungsspuren der vorkarolingischen Merowingerzeit nachweisen lassen und wie es sich mit dem Übergang und Anschluss an die römische Epoche genau verhalten würde“, erläuterte Schaub die Erwartungshaltung.
"Überraschnde Neuerkenntnisse" Tatsächlich fanden die Geschichtsexperten um Schaub und den ehrenamtlichen Arbeitskreis Archäologie Aachen (AAA) Reste eines vor- oder frühkarolingischen Gebäudes und eine Weg- oder Hofschotterung des 6. Jahrhunderts „Insgesamt erbrachte die Grabung überraschende Neuerkenntnisse für das frühe Mittelalter. Von besonderer Bedeutung ist vor allem die nun erstmals auf gesicherter archäologischer Grundlage mögliche Rekonstruktion der städtebaulichen Entwicklung von der Römerstadt über die Pfalz bis hin zur mittelalterlichen Stadt mit ihren Platzanlagen am Katschhof und Markt“, zog Andreas Schaub eine positive Bilanz.
Die Grabung auf dem Katschhof hat somit zahlreiche neue Erkenntnisse gebracht, die für die städtebauliche Entwicklung Aachens bedeutsam sind:
Eine Frage bleibt wie so oft: Wer macht sowas? Und warum? Es muss nun in Fachkreisen neu darüber nachgedacht werden, wer für diese massiven städtebaulichen Veränderungen verantwortlich war: Noch der Kaiser, der seine Pfalz neu ordnet? Oder sind es bereits erste Hinweise auf eine Übernahme des Pfalzbereiches durch die sich entwickelnde Stadt? So oder so ist klar: Für Archäologen und Geschichtsexperten bleibt Aachen ein spannendes Forschungsfeld. (mit Material von Stefan Herrmann, Presseamt Stadt Aachen) |
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© Ulrich Simons |
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