
Mit der schönen Aussicht ist es für zahlreiche Anwohner des Moreller Weges demnächst vorbei: An der Ecke zum Franziskusweg soll auf dem Grundstück der aufgegebenen Neuapostolischen Kirche (Bild) ein Haus mit zehn Wohneinheiten entstehen. // Foto: Archiv Ulrich Simons |
09. Oktober 2020
Moreller Weg: Statt
kleiner Kirche
ein
Zehn-Familien-Wohnhaus
Die Begeisterung im Franziskusweg ist überschaubar, im Moreller Weg dürften die Wogen der Freude noch höher schlagen. Denn den schönen Blick aus den Fenstern zur Straßenseite hin werden zumindest einige die dortigen Anwohner nicht mehr lange genießen können: Wo heute noch umgeben von viel Grün die im März 2018 aufgegebene Neuapostolische Kirche steht, könnte in zwei bis drei Jahren ein Zehn-Familien-Wohnhaus die Ecke beherrschen.
Entsprechende Pläne hat die Neuapostolische Kirche (NAK) in Dortmund als Noch-Besitzerin des Grundstücks jetzt bestätigt.
"Es läuft eine entsprechende Bauvoranfrage auf Grundlage des bestehenden Bebauungsplans. Einen Zeitplan für den Bau etc. gibt es aber noch nicht", teilte Pressesprecher Frank Schuldt am Dienstag dieser Woche auf Anfrage mit. Wenn es so kommt, dürften turbulente Jahre über das bisher ziemlich ruhige Wohngebiet hereinbrechen.
Die schon länger befürchtete Nachricht vom Abriss der Kirche und die Aussicht auf mindestens zwei Jahre rege Bautätigkeit platzen mitten in die Debatte um die zunehmende Verkehrsbelastung im Viertel und die geplante Einführung der Bewohnerparkzone U zwischen Schanz und Sanatoriumstraße.
Die dürfte nach gegenwärtigem Zuschnitt neue Verkehrs- und vor allem Parkprobleme für den westlichen Teil des Wohngebietes mit sich bringen, in dem seit 1994 das kleine Gotteshaus stand.
Ein "Klotz" in der Kaltuftschneise?
Vor allem die Frage nach der Bauhöhe und der Anzahl der Stellplätze lässt bei den unmittelbaren Nachbarn allerlei Befürchtungen und Spekulationen aufkommen.
Im "allgemeinen Wohngebiet" sind nach Auskunft der Stadt bis zur drei Geschosse und ein Staffelgeschoss ("Penthouse") möglich. Entsprechende Baukörper sind bereits auf der gegenüber liegenden Straßenseite des Moreller Weges zu besichtigen.
Auf der nördlichen Seite des Moreller Weges, also der Kirchenseite, bestimmen dagegen Einfamilienhäuser und zweigeschossige Bauten das Bild.
In wiefern die unmittelbar umgebende Bebauung für die künftige Bauhöhe maßgeblich sein wird, ob also bei der derzeitigen Höhe der Kirche Schluss ist oder theoretisch noch eine Etage draufkommen könnte, war trotz entsprechender Anfrage bei der Stadt bisher nicht in Erfahrung zu bringen.
Ein Blick in den aktuellen Flächennutzungsplan der Stadt Aachen zeigt jedoch, dass die Nordseite des Moreller Weges und damit auch die kleine Kirche haarscharf am Rande einer wichtigen Kaltluftschneise für die Innenstadt liegen, deren Mittelachse in etwa durch das Tal des Johannisbachs verläuft, und die sich nach Norden bis über die Hanbrucher Straße hinaus erstreckt.
Das wird man wieder sehr schön in den kommenden Wochen in der unteren Sanatoriumstraße und auch im Franziskusweg und im Morillenhang merken, wenn dort morgens die Autos am Straßenrand schon mit einer dünnen Eisschicht überzogen sind, während oben auf der Lütticher Straße noch der Herbst in vollem Gange ist.
Weil ein zu wuchtiger Neubau hier für unerwünschte Strömungsverhältnisse sorgen könnte, stehen die Chancen relativ gut, dass es bei der kleineren Lösung bleibt, zumal demnächst eine Mehrheit im Rathaus agiert, die auf so etwas stärker achten dürfte als die bisherigen Amtsinhaber.
Wohin mit den Autos der Hausbewohner?
Problematisch könnte auch der zusätzliche Stellplatzbedarf werden. Zehn Familien sind auch mindestens zehn Autos, für die sowohl im Franziskusweg als auch im Moreller Weg schon heute keine Stellplatzreserven mehr bestehen. Eine Tiefgarage unter dem Objekt wäre die einzig gescheite Lösung.
Weil die Rampe vom Franziskusweg aus nicht zu realisieren wäre, würde sich eine Zufahrt vom Moreller Weg aus entlang der Grenze zum Nachbargrundstück anbieten, die dann vor der nördlichen Grundstücksgrenze im 90-Grad-Winkel abknickt und ins Untergeschoss führt.
Wer jetzt schon derartige Detailfragen stellt, muss sich allerdings in Geduld üben.
Auf Nachfrage teilte NAK-Pressespreche Frank Schuldt am Freitag mit: "Die Planungen sind in einem so frühen Stadium, dass wir keine weiteren Angaben machen möchten. Die Details sind noch im Fluss und es kann sich noch vieles ändern."

Am besten erst mal ein tiefes Loch für die Autos der Hausbewohner. An der Ecke Lütticher Straße / Hohenstaufenallee kann man sehen, wie man im Bestand baut, ohne es sich mit den Nachbarn zu verderben. // Foto: Ulrich Simons |
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