Glauben Sie nicht alles, was die Stadt Ihnen schreibt. Manchmal geht es dann erst richtig los. // Foto: Ulrich Simons |
20. März 2021
Glossiert
Die Geheimsprache
der Schlaglochflicker
Was man schwarz auf weiß besitzt, konnte man zu Goethes Zeiten noch getrost nach Hause tragen. Aber das ist lange her, und die Zeiten haben sich geändert.
Nehmen Sie nur mal des Thema "Arbeitszeugnisse". Ganze Mythen-Bibliotheken ranken sich um die angebliche "Geheimsprache" der Chefs, mit deren Hilfe diese versuchen, den oftmals nicht einfachen Spagat zwischen "wahr" und "wohlwollend" bei der Beurteilung ihrer Angestellten hinzubekommen.
Sätze wie "Er hat sich stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen", lesen sich nur auf den ersten Blick positiv. Im Klartext heißt das: Er hatte nicht nur keine Ideen. Wenn man ihm eine Aufgabe übertragen hat, ist auch nichts dabei herausgekommen. "Bemüht" eben. (Vermutlich schreiben deswegen auch viele Mediziner auf ihren Rechnungen: "Für ärztliche Bemühungen.")
Schlimmer sind nur noch Formulierungen wie: "Sie war mit nie gesehenem Fleiß bei uns beschäftigt."
Wenn Sie es nicht glauben: Google listet bei der Eingabe der Suchbegriffe "Arbeitszeugnis" und "Code" rund 124.000 Fundstellen auf. Da ist das Wochenende gerettet!
Der Geheimcode des Bauhofs
Auch bei der Stadt Aachen gibt es offenbar so einen Geheimcode.
Sie erinnern sich an die Geschichte mit dem gemeldeten Fahrbahn-Krater (Schlagloch kann man sowas nur mit viel Wohlwollen nennen) im Morillenhang und den Bescheid vier Wochen später: "Vorgang abgeschlossen."
Das war insofern ganz erstaunlich, als sich bis dahin kein Mensch um die Reparatur des Steinbruchs (siehe Bild oben) gekümmert hatte.
Ich hab dann nochmal bei Harald Beckers im Presseamt der Stadt nachgefragt, ob ich den tieferen Sinn dieser Nachricht möglicherweise nicht ganz verstanden habe, und so war es dann auch.
Denn Harald Beckers erklärte mit: "'Projekt abgeschlossen' bedeutet nicht, dass das Projekt abgeschlossen ist, sondern, dass man das Problem im Bauhof zur Kenntnis genommen und an die Arbeitsvorbereitung weitergeleitet hat."
Die liegt die Frage ziemlich nahe: "Und warum teilt man das dem Absender nicht genauso mit?"
Das - so Harald Beckers - hänge mit dem Meldeportal im Internet zusammen, das einfach nicht mehr zeitgemäß sei und sowas nicht könne. Und überhaupt sei das alles sehr kompliziert.
Den Eindruck hatte ich mittlerweile auch.
Schlaglöcher werden demnächst bunt
Jedenfalls sei ein neues Meldeportal bereits in Arbeit. Man habe schöne Erfahrungen mit einer ähnlichen Software gemacht, mit deren Hilfe die Internet-Nutzer Anregungen für Fahrradbügel in der Stadt geben konnten. Sowas solle es demnächst auch für Straßenschäden geben. Mit "Verlaufskontrolle" in verschiedenen Farbabstufungen.
Das wird bestimmt toll: Ein Aachen-Stadtplan mit roten, gelben und grünen Schlagloch-Symbolen in unterschiedlichen Bearbeitungs-Stadien. Sieht dann wahrscheinlich aus wie der Blick in eine Tüte Konfetti.
Und dann hat er mir noch erklärt, weshalb das mit der Beseitigung solcher Straßenschäden mitunter etwas länger dauert. Das liegt nämlich daran, dass man beim Bauhof mehrere solcher Maßnahmen bündelt und dann in einem Aufwasch abarbeitet.
Das mache nämlich nur bei einer gewissen Anzahl von Reparaturaufträgen Sinn, weil Heißasphalt zum Verfüllen der Löcher eine Verarbeitungstemperatur von mindestens 120 Grad braucht. Deswegen dampft es auch immer, wenn Löcher in der Straße geflickt werden. Man kann das natürlich auch mit so genanntem "Kaltasphalt" machen. Der ist zwar einfacher zu verarbeiten, hält dafür aber nicht so lange.
Am Ende seien es also wirtschaftliche Überlegungen, die dafür sorgen, dass manche Fahrbahnschäden erst nach einer gewissen Zeit repariert werden.
Für das Schlagloch am Morillenhang war der schöne Moment am Freitag gekommen: Das Loch ist wieder zu. Herzlichen Dank denn auch! |